Vom Bob-Casting Richtung Olympische Spiele
Innsbruck,
Wenn Nicola Pichler über ihren Einstieg in den Bobsport spricht, klingt es fast nach einem großen Zufall. Basketballerin in der Bundesliga, Polizistin von Beruf – und plötzlich Anschieberin im Team von Katrin Beierl. „Eine gute Freundin hat mich zu einem Bob-Casting geschickt und mir gesagt: Wenn du als Athletin zu den Olympischen Spielen 2026 willst, dann musst du dorthin. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartet – und plötzlich absolvierte ich dort einige Leistungstests. Da haben sie offenbar Potenzial gesehen“, erzählt die 29-Jährige und schmunzelt.
Heute ist aus der spontanen Idee ein klarer Weg geworden. Ein Weg, der ins Olympiazentrum St. Pölten geführt hat, wo Pichler erstmals professionelles Training erlebte. „Das hat richtig Eindruck hinterlassen. Lauftechnik, Krafttraining – plötzlich war da eine Struktur, die mir gezeigt hat: Da geht noch viel mehr.“
Polizeiuniform und Bobschlitten
Noch in ihrer ersten Saison musste Pichler das Training mit Schichtdiensten als Polizistin kombinieren. Urlaubstage und das Entgegenkommen ihrer Vorgesetzten machten die Einsätze überhaupt erst möglich. „Das war extrem hart, ständig müde vom Dienst und dann Anschubtraining. Aber ich wollte das unbedingt.“ Die Aufnahme in das Polizeisport-Programm 2024 brachte schließlich die Wende: Freistellungen, mehr Regeneration, Fortschritte im Training. „Da habe ich gemerkt, wie viel Luft nach oben da noch war. Ohne Nachtdienst, ohne Dauerstress – plötzlich hat sich das Training richtig bezahlt gemacht und es ist extrem viel weitergegangen“, sagt Pichler.
Sommer voller Intensität
Die Saison 2025 stand klar im Zeichen von Mailand Cortina. Im Olympiazentrum wurde ein knallharter Sommerblock durchgezogen, immer mit Blick auf Februar 2026. „Alles ist darauf ausgerichtet, dass wir im Winter unseren Leistungshöhepunkt haben. Die Testungen haben gezeigt, dass wir auf einem sehr guten Weg sind.“ Und doch bleibt der Druck. Nicht nur wegen der starken internen Konkurrenz. Läuft alles nach Plan, könnte Österreich mit zwei Damen-Teams auf der neu gebauten Olympiabahn in Cortina vertreten sein.
Fokus auf Cortina
Im September ging die 29-Jährige bei der Anschub-WM in Cortina mit Lea Haslwanter an den Start – das Duo präsentierte sich bereits einige Wochen vor dem Weltcupstart in bestechender körperlicher Form. Dort wurde auch die Olympia-Bahn genauer unter die Lupe genommen. Der Start: „Sehr speziell, extrem steil, die Geschwindigkeit baut sich sofort auf.“ Ob ihr das liegt, wird sich erst bei den kommenden Trainings Anfang November zeigen.
Trotz aller Unsicherheiten über Material, Startbahnen oder Teamkonstellationen – die Vorfreude ist groß. „Olympia ist immer im Hinterkopf. Das motiviert mich jeden Tag. Ich will meine Top-Leistung abrufen und zeigen, was das Training gebracht hat.“
Teamplayerin mit Biss
Auf die Frage nach ihren Stärken zögert sie. Startzeiten seien unterschiedlich, je nach Bahn. Aber klar ist: Nicola Pichler definiert sich über Einsatz und Haltung. „Ich sehe mich als Teamplayer. Und ich arbeite hart – ohne Disziplin und tägliche Arbeit geht’s in diesem Sport nicht.“
Und Olympia? Vor zwei Jahren noch ein fast surrealer Gedanke. Heute eine sehr reale Möglichkeit. „Wenn mir damals jemand gesagt hätte, dass ich 2026 vielleicht bei den Spielen am Start stehe – ich hätte gelacht. Aber jetzt bin ich wirklich am besten Weg dorthin.“